„Leise zieht durch mein Gemüt liebliches Geläute,
klinge, kleines Frühlingslied, kling‘ hinaus ins Weite.“
Für eine Stunde verwandelte sich der Innenhof des Bischof-Weskamm-Hauses am Ostersonntagnachmittag zur Bühne für ein kleines Frühlingsorchester. Da wir in diesen Wochen niemanden in die ZeitOase einladen können, gestalteten Regina Lorek, ihre beiden Töchter Magdalena und Leonore sowie Peter Benkewitz und Norbert Diehl für die Bewohner:innen des Pflegeheimes und des Betreuten Wohnens ein gemeinsames Singen. Die Musiker:innen saßen und standen draußen rings um den Brunnen und die Töne klangen hinauf zu den Balkonen, Fenstern und Türen des Pflegeheimes.
Nicht nur leise war das „Geläute“ von Klavier, Gitarre und Geige und der Gesang aus dem Hof und vom „hohen Chor“ der betagten Menschen von den Balkonen der Wohnbereiche. Am Ende wurde bei „Veronika, der Lenz ist da“ nicht nur kräftig mitgesungen, sondern auch mitgeklatscht. Die vertrauten Lieder klangen im wahrsten Sinne des Wortes mit großer Hingabe und Freude hinaus ins Weite und schafften zugleich eine Brücke in die Herzen.
Danke für diese schöne Gemeinschaft unter sonnigem Osterhimmel, die ein Stückchen Weite, Freiheit und Verbundenheit in dieser entbehrungsreichen Krisenzeit stiftete. M. Diehl
Klingender Ostersonntag 2020
Kontakt auf Distanz!
Keine Begegnungen in der ZeitOase seit einigen Wochen bedeutet nicht, dass es keinen Kontakt miteinander gibt.
Seien es nun durch Briefe, ein paar Worte von Bürgersteig zu Fenster, ein kleiner Schnack über den Zaun am Grundstücksrand, natürlich telefonieren – auch mal ein Geburtstagsständchen durchs Telefon. Fotos, Gedichte, Nachrichten über WhatsApp. Beruhigend zu wissen, dass es allen gut geht, dass alle versorgt sind.
Wie gerne hätten die Zeit-Stifterinnen und ich auch in diesem Jahr wieder die ZeitOase österlich geschmückt und süße Überraschungen für das Osterkaffee mit den Dank-Stifter:innen gebacken. Leider mussten wir alle darauf in diesem Jahr verzichten und zuhause bleiben.
So blieb mir nichts anderes, als allen einen schriftlichem Ostergruß mit ein paar aufbauenden Worten sowie einem beiliegendem Brief unseres Vorstandes zu senden. Aber ganz unkulinarisch konnte dieses Osterfest doch nicht gefeiert werden... Also wurden aus etlichen Eiern, einigen Kilo Mehl, Quark und anderen Zutaten kleine süße Osterbrote gebacken. Der beliebte Eierlikör wurde in Ermangelung von Ausschankmöglichkeiten in der ZeitOase kurzerhand in viele Muffins verbacken, mit Ostereiern in Tütchen verpackt und mit Grußanhängern versehen.
So landeten dann diese kleinen Osterüberraschungen vor den Türen vieler Dank-Stifter:innen und der Bewohner:innen des Betreuten Wohnens im Weserwohnpark.
Wer bei diesem Mal nicht auf dem Verteiler stand, der wird demnächst anderweitig überrascht – denn das kann man sehr wohl auch ohne den Anlass des Osterfestes. Die Telefone liefen heiß über Ostern – es wurde ganz viel miteinander telefoniert und sich so gegenseitig ein wenig über die Kontakteinschränkungen hinweggeholfen.
Da wird sogar fast täglich von einem Patentandem gemeinsam übers Telefon gekniffelt;)
Vom Gartenstuhl vor dem Pflegeheim aus mit einem Bewohner der am offenen Fenster sitzt ein Plausch gehalten.
Man wird schon recht erfinderisch in dieser Zeit und passt sich verantwortungsvoll den Begebenheiten der Situation an.
Auch die Koordinatorinnen und der Vorstand stehen trotz Entfernung in Kontakt zueinander.
Eines hat sich herausgestellt, der Spruch: „Aus den Augen aus dem Sinn“ trifft auf die große Stiftungsfamilie NICHT zu!
Mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit
Ihre Cornelia Walther
NEUES - In Zeiten von Corona
Die Türen zur ZeitOase in der Spitalstraße in Torgau sind seit einigen Wochen verschlossen, bedingt durch den Virus, der die gesamte Welt in Atem hält. Im Dornröschenschlaf schlummert unsere ZeitOase dennoch nicht, das Gegenteil ist der Fall. Freude und Sorgen miteinander teilen, Gespräche führen, einander im Blick haben findet derzeit einfach in anderer Weise statt.
Sich nicht treffen zu können machte traurig, zugleich aber erfinderisch, die staatlich verordnete Distanz schaffte auf andere Art tatsächliche Nähe. Die wöchentlichen Zusammenkünfte in der ZeitOase fallen aus, erstaunlich aber, wie fantasievoll wir uns als Stiftungsfamilie gegenseitig überraschen. Täglich gehen von früh bis spät Anrufe hin und her, niemand ist vergessen. Jeder und jede unserer Stiftungsfamilie erhält seither wöchentlich einen Brief, inzwischen liebgewordenes Ritual. Wer hatte, spendete Stoffe, Gummi und Schrägband, eine unserer hochbetagten Zeitstifterinnen nähte daraus Gesichtsmasken, andere arbeiteten zu. Über 300 Masken sind inzwischen entstanden und haben bereits dankbare Träger gefunden. Daraus ergaben sich sogar neue soziale Kontakte.
Fazit: Zum Helfen und Mitdenken und sich Einbringen ist niemand zu alt.
„Jeder und Jede ist wichtig, auf niemanden können wir verzichten“ hat die Bundeskanzlerin neulich in einer Ansprache gesagt.
Es stimmt, JEDE und JEDER ist wichtig. Jeder einzelne Beitrag ist Teil des Mosaiks, damit es uns im Kleinen und als Gemeinschaft gut geht.
Wir schauen trotz Isolation auch künftig über den Tellerrand und leisten als Stiftungsfamilie sehr bewusst unseren gesellschaftlichen Beitrag.
Bleiben Sie gesund!
Von Herzen frohe Ostern wünscht
Christine Kewitz
Auf neuen Wegen
Es ist Mittwochvormittag (1.4.)
Eigentlich würde die Koordinatorin die Kaffeetafel in der ZeitOase vorbereiten. Heute brauchen keine Tische eingedeckt und dekoriert zu werden. Auch die Kuchenteller bleiben leer.
Stattdessen bringt Zeit-Stifterin Mechthild Scholz 30 Ostergestecke, die sie liebevoll bestückt hat mit einer selbstgebastelten Osterglocke und mit frischem Grün aus dem Garten. Immer hat sie eine passende Idee für ein Oster- oder Advents- Gesteck. Unter ihrer Anleitung können die Teilnehmenden an unseren Stiftungstreffen sich sonst selbst eine kleine Dekoration für ihren Wohnraum gestalten. In diesem Frühling darf es nicht sein. Aber die Grüße sollen die älteren Menschen dennoch erhalten. Mit jedem Töpfchen sagen wir: Wir denken an Sie!
Die räumlich verordnete Distanz macht viele Menschen in diesen Tagen erfinderisch in Bezug auf Hilfsangebote und das Kontakt-Halten mit denen, die allein sind und nicht besucht werden dürfen.
Das Telefon klingelte in den vergangenen drei Wochen wesentlich öfter bei uns allen. „Wie geht es Ihnen?“ – die meist gestellte Frage. Es tut einem jedem gut, wenn an ihn gedacht wird, wenn wir trotz Ausgehverbot voneinander etwas erfahren. Sich gegenseitig ermuntern, sich an schöne Begebenheiten der vergangenen Zeit erinnern oder die Vorfreude teilen, dass wir uns nach diesen entbehrungsreichen Wochen wiedersehen werden.
Jemanden über Whats App zu erreichen, das ist nichts Außergewöhnliches. Wenn mich die 91jährige Frau Ehlenberger in ihrer eben eingerichteten Whats App Gruppe begrüßt, dann ist es für mich ein großes Zeichen von Lebenfsfreude, Optimismus und Verbundenheit.
Whats App ist auch ein rege genutztes Medium mit den geflüchteten Menschen aus Syrien, Afghanistan und aus dem Iran, die seit vielen Monaten in die ZeitOase kommen, um ehrenamtlich tätig zu sein und um freundschaftliche Kontakte zu knüpfen mit Menschen in ihrer neuen Heimat. Wir sind traurig, dass wir uns nun so lange nicht sehen können. Aber die Zeichen unseres Miteinanders sind Beweise für entstandene und gewachsene Beziehungen.
Mittwochnachmittag (1.4.) um 15 Uhr: Jetzt würden sich die Dank – und Zeit-Stifter:innen in der Zeitoase treffen. Seit mehr als zwei Wochen bleibt es still in unserem Raum, niemand kommt über die Harsdorfer Straße mit dem Rollator gelaufen oder wird im Rollstuhl geschoben.
Um den Entzugserscheinungen etwas entgegenzuhalten, verabredeten wir uns deshalb zu dieser Zeit zum kurzen Plaudern und zum Winken über den Balkon mit einigen Dank-Stifterinnen aus dem Bischof-Weskamm-Haus.
„Fenstern“ – das geht nicht nur für Jungverliebte, was unsere Fotos beweisen.
Unsere Kreativität wird auch in den kommenden Wochen noch gefragt sein. Ganz sicher wird dieses Virus nicht unsere Verbindungen zerstören. Ich glaube, im Namen vieler zu sprechen, wenn ich sage, dass es eine ganz besondere Herausforderung und ebenso eine große Chance ist, mit den Menschen umzugehen und für einander da zu sein.
Viel gutes neues Miteinander!
Bleiben Sie gesund!
Ihre Margitta Diehl
Jung wird plötzlich alt
Jetzt können sich Joshua und Noah vorstellen, wie beschwerlich vieles durch altersbedingte Einschränkungen sein kann. Die beiden Praktikanten der Cuxhavener ZeitOase konnten mittels eines Alterssimulationsanzuges sich in wenigen Minuten von jungen 16 Jahren in den Körper eines Hochbetagten einfühlen. Der Anzug machte sie nicht nur 25 kg schwerer, sondern ist zusätzlich mit Gewichtsmanschetten an Fuß- und Handgelenken, Halskrause, Kniemanschetten und einer schweren Weste versehen. Zur alterssimulierenden Ausstattung gehören außerdem:
- Schuhe, die Gangunsicherheit simulieren,
- Handschuhe, die auch die Feinmotorik der Hände beeinflussen
- Ohrenschützern, die das hören erschweren,
- verschiedenen Brillen, die das Sehvermögen verändern.
Und dann ging es los:
- Treppensteigen, sonst kein Problem für die Jungs – jetzt hätten sie am liebsten schon vom Erdgeschoss bis zur 1 Etage den Fahrstuhl benutzt.
- Laufen – ohne Rollator oftmals kaum möglich.
- Etwas von hoch oben aus dem Schrank holen, Wäsche aufhängen – die alltäglichsten Verrichtungen werden so im wahrsten Wortsinn viel schwerer.
- Nach dem Sitzen wieder aus dem Sessel aufstehen – dass das so schwer sein kann.
- Lesen? Alles ist viel zu klein geschrieben. Kein Wunder dass alte Menschen oft eine Lupe brauchen oder sich vorlesen lassen.
- Ah, darum hört Oma oftmals das Telefon oder die Klingel nicht und deshalb hat sie ihren Fernseher immer so laut an.
Nach dieser Erfahrung haben die beiden fitten Jugendlichen nun einen Eindruck von den Hürden, die viele alte Menschen im Alltag zu bewältigen haben. Sie haben nun noch mehr Verständnis und werden sicher den Senior:innen gegenüber noch hilfsbereiter agieren als zuvor. Jetzt konnten sie ja am eigenen Leibe spüren, wie das sich anfühlen kann!
Beide waren sichtlich erleichtert, als sie nach Ablegen des Anzuges wieder jung, beweglich und im wahrsten Sinne des Wortes unbeschwert waren.
Was wir außerdem durch diese Aktion lernten: Ein funktionierendes Netzwerk macht vieles möglich. Über den Verein „Wege aus der Einsamkeit“ in Hamburg – durch den wir vor einigen Jahren mit einem Preis für „Zuhause hat Zukunft“ ausgezeichnet wurden, entstand der Kontakt zu „Kulturisten Hoch 2“. Unser Dank gilt dem Verein. Sie liehen uns das Equipment für diese interessanten Erfahrungen aus. Transportiert von Hamburg nach Cuxhaven hat den Anzug namens „GERT“ – schließlich der Freund einer Freundin namens Holger. Danke auch dafür.
Auch hier gilt „Gemeinsam sind wir stark!“
Wintermärchen
Königlicher Besuch
Kleine Könige zogen am 8. Januar wieder durch viele Häuser und Wohnungen. Fünf von ihnen kamen aus der St. Petri – Gemeinde mit ihren Begleiterinnen, um den Menschen in der ZeitOase und allen Gästen für dieses Jahr Frieden und Wohlergehen zu wünschen. Fröhliche Kinderstimmen erfüllten unseren Raum und sorgten für eine ganz besondere und feierliche Atmosphäre.
Praktikant aus Fernost
Vom 20. Januar bis zum 6. Februar absolvierte Zihao Ma als Schüler des Domgymnasiums sein Sozialpraktikum als Zeit-Stifter. Wir tauschten uns aus über das Leben und die Traditionen in seinem Land. Er konnte bei uns lernen, was es zu beachten gibt im Zusammensein mit älteren und kranken Menschen und er spürte sehr konkret, wie sich generationenübergreifende Gemeinschaft anfühlt. Noch nie zuvor schob er einen Rollstuhl. Das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“ kannte er bisher nicht. Er war mit viel Einfühlungsvermögen an jedem Praktikumstag tätig.
Das chinesische neue Jahr begann erst am 25. Januar. So feierten wir es als ZeitOasengemeinschaft mit ihm gemeinsam. Sehr gern ließen wir uns bewirten mit einem ganz besonderen Tee, den er speziell für uns mitbrachte und zubereitete. Den Kuchen dazu hatte er bereits am Vormittag unter Anleitung gebacken.
Ferienköche
Die beiden Prinzen Jonas und Leon - unsere Jungs aus der 9. Klasse, die uns seit mehr als zwei Jahren immer wieder Zeit schenken - haben für uns und mit uns in ihren Winterferien am 12. Februar den Kochlöffel geschwungen. Ein indisches Gericht sollte es sein, welches sie bereits im Rahmen des Schulunterrichtes erprobt hatten. Die exotische Mischung aus verschiedenen Gemüsesorten, Reis, Putenfleisch und den besonderen Gewürzen wie Chilli und Curry war zwar etwas scharf, aber äußerst köstlich.
Winterdüfte
Das Apothekerehepaar Gröpler (Goetheapotheke) brachte uns ein Dufträtsel mit zum Stiftungsnachmittag am 19. Februar. Wattebällchen dienten uns als Dekoration statt des vergeblich ersehnten Schnees in diesem Winter. Aber die Düfte von Lavendel, Minze, Salbei usw. waren ganz echt und die entsprechende Beratung sehr anregend und kurzweilig.
Klingt das alles ein wenig märchenhaft?
Ja, das finde ich auch.
Aber noch toller finde ich, dass es alles wirklich stattgefunden hat!
Herzlichen Dank für alle Wohlfühlstunden in den vergangenen Winterwochen. M.Diehl