28. Juli 2021
Kawther Sulaiman verließ mit ihren fünf Kindern ihr vom Krieg zerstörtes Heimatland Syrien. Wir lernten sie durch Vermittlung des Interkulturellen Zentrums im Sommer 2019 kennen. Seit dem kam sie oft zu uns in die Magdeburger ZeitOase. Ihr Wunsch war es, Menschen in ihrem neuen Lebensumfeld kennenzulernen und dadurch nicht nur ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, sondern auch mit dem Alltag der Menschen hier in unserem Land vertraut zu werden. Darüber hinaus war es ihr ein Herzensanliegen, ehrenamtlich tätig zu sein.
Sehr schnell wurde sie eine aktive Helferin, die sich mit Zeit und Empathie anderen Menschen zuwendet.
Kawthers Engagement ist beispielgebend dafür, wie wertvoll ein Miteinander für jeden Menschen ist, egal welcher Herkunft, welcher Religion oder welchen Alters er ist.
Der enge Kontakt zu alten und kranken Menschen ließ den Entschluss in ihr reifen, sich für eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin zu bewerben. Im Bischof-Weskamm-Haus konnte sie die dafür notwendige praktische Arbeit absolvieren. Viel Zeit verschenkte sie neben der Ausbildung und trotz ihres Familienalltages mit schulpflichtigen Kindern weiterhin den Menschen, die ihr durch die Stiftungstreffen zu Vertrauten geworden sind.
Am 28. Juli haben wir uns von Kawther verabschiedet. Sie wohnt künftig in Gelsenkirchen.
Sie sagte uns zum Abschied: „In den vergangenen Jahren zu Ihnen zu kommen, bedeutete mir wirklich viel. Es machte mir sehr viel Spaß, in Ihrer Stiftung Zeit mit älteren Menschen zu verbringen, sie zu begleiten. Das war eine tolle Zeit, an die ich mich immer erinnern werde. Ihre Stiftung verdient wirklich die Unterstützung und Wertschätzung, da sie nicht nur älteren Menschen durch die verschiedenen Freizeitaktivitäten, Geselligkeit und Beratung ein angenehmeres Leben ermöglichen, sondern auch den Ausländern helfen, sich besser in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Vielen Dank für alles!“
Liebe Freundin Kawther, mit unserem Dank und mit allen guten Wünschen begleiten wir Dich! Mag das neue Zuhause ein Ort für deine Familie werden, an dem ihr Glück und Frieden findet. Auf Wiedersehen! M.Diehl
Erntezeit und neue Aussaat
Erntezeit und neue Aussaat
28. Juli 2021
Über Jonas Schmidt und Leon Weishaupt habe ich schon mehrere Male geschrieben. Im Herbst 2017 kamen sie als Schüler der 7. Klasse der Thomas-Mann-Gemeinschaftsschule zum ersten Mal zu einem Treffen in die ZeitOase. Vorgesehen waren in dem besagten Schuljahr 20 ehrenamtliche Stunden, die die beiden jeweils absolvieren mussten. Jungs in dem Alter suchten sich unsere Stiftung aus, um für alte und einsame Menschen Gutes zu tun? - Das fanden wir von Anfang an sehr bemerkenswert. Aus zwanzig geforderten Stunden wurden dann hunderte. Vier Jahre lang kamen sie durch die halbe Stadt Magdeburg mit der Straßenbahn gefahren, um beispielsweise die Kaffeetafel für den Stiftungsnachmittag zu decken und liebevoll zu dekorieren, um mit den alten Menschen gemeinsam zu kochen, um zu erzählen und auch um ihren Geschichten zu lauschen. Für die Vorbereitung des Festes zum 15jährigen Bestehen der Stiftung im August 2018 erhielten sie eine Unterrichtsbefreiung des Direktors ihrer Schule. Die Bilder von den eifrigen Jungs, die Tische und Stühle aufstellen, Geschirr räumen und weit über einhundert Luftballons aufblasen, werden immer in unserer Erinnerung bleiben.
Nun haben die beiden das zehnte Schuljahr mit erfolgreichen Abschlussprüfungen beendet.
Jonas wird einen Beruf lernen, Leon wird Abitur machen. Beide bleiben in Magdeburg. Da liegt es auf der Hand, dass unser Wunsch nach einer bleibenden Verbindung der beiden zur Stiftungsgruppe nicht nur ein Traum sein muss.
Wir haben sie mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge am 14. Juli 2021 verabschiedet, mit unserem aufrichtigen Dank für die Zeit, für ihre Kreativität und für die Fröhlichkeit, die sie uns geschenkt haben.
Jonas: „Die ZeitOase als ein Ort der Wertschätzung, der Freude, der Vielfalt sowie das gemeinsame Miteinander prägen mich an jedem Montag und Mittwoch, wenn es wieder heisst, die Straße lang herunter zur Orangerie zu gehen. Umso mehr macht es mich stolz, nun schon vier Jahre dort zu sein, denn jeder Nachmittag ist für mich Glück und Erfolg zugleich“.
Leon: „Früher zog ich es vor, zu Hause zu bleiben. Doch als ich in die ZeitOase kam, habe ich mich in der Gemeinschaft so geborgen gefühlt, dass ich nicht anders konnte als weiter hinzugehen. Ich konnte so viele wertvolle Erfahrungen mitnehmen, die für mich unbezahlbar sind.“
M.Diehl
Erntezeit und neue Aussaat
26. Juli 2021
„Es ist viel Glück in mir, Glück, das mir meine Grenzen verschleiert und Glück, das sie mir ins Unbestimmte hinausrücken zu dürfen scheint.“
Mit strahlendem Gesicht spricht Ziba Rezaiy diese Worte des Schriftstellers Christian Morgenstern.
Vor Jahren musste sie mit ihrer Familie viele Grenzen überschreiten, um in Frieden und in Freiheit leben zu können. In ihrem Heimatland Afghanistan war dieses für sie nicht mehr möglich.
In Magdeburg suchte sie sehr bald Kontakte zu Menschen, mit denen sie sich austauschen konnte. Sie wollte im wahrsten Sinne des Wortes hier Fuß fassen. In der ZeitOase fand sie nicht nur hilfsbereite Freund:innen beim Erlernen der deutschen Sprache und Unterstützung im notwendigen „Behördenalltag“, sondern sie konnte auch uns in den Jahren Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Sie berichtete uns von ihrem Alltag in der verlassenen Heimat. Sie verwöhnte uns oft mit gebackenen oder gekochten Speisen, so dass auch wir unseren eigenen Horizont erweiterten, sozusagen auch Grenzen überschritten. Unser Zusammensein würde ich als einen Austausch beschreiben, als ein Nehmen und Geben.
Die Arbeit bei und mit älteren Menschen in der ZeitOase sowie im Pflegeheim ließ den Wunsch in Ziba wachsen, eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin anzustreben.
Nun hat sie bereits ihre Koffer gepackt. Sie überschreitet wieder einmal eine Grenze, da sie von Sachsen-Anhalt nach Bayern umziehen wird.
„Ich habe viel Talent zum Leben“ so liest man bei Christian Morgenstern weiter. Ziba strahlt immer noch: „Ja, dieses Talent habe ich auch. Ich bin hergekommen, weil ich in Deutschland ein neues Leben beginnen wollte. Ich möchte die Kultur und die Sprache gerne näher kennenlernen und freue mich, gute Freunde gefunden zu haben…. Die beste Chance für mich war, euch zu treffen. Ich werde euch immer in Erinnerung behalten.“
Viel Glück, liebe Ziba, für deine Ausbildung und für das neue Leben in einem anderen Teil unseres Landes. Und wir freuen uns darauf, von dir auch künftig etwas zu erfahren. Gedanken und Erinnerungen kennen keine Grenzen.
M. Diehl
Erntezeit und neue Aussaat
21. Juli 2021
Vor einiger Zeit erfuhr ich von dem schönen Brauch in einer Grundschule in Mecklenburg-Vorpommern, die ABC -Schützen in das Schulleben „einzuschwingen“. Jedes Kind wird in ein Schwungtusch gelegt und von Lehrer:innen und Eltern mit guten Wünschen für den nötigen Elan zum Lernen in den neuen Lebensabschnitt praktisch sanft hineingeworfen.
Während unseres Stiftungsnachmittages am 21. Juli bedankten wir uns bei Zeit-Stifterin Lisa Hinz für ihr Mittun bei vielen Zusammenkünften hier in der ZeitOase. Sie ging noch in die Grundschule, als ihre Mama Katrin sie bereits zu den Stiftungstreffen mitbrachte. Sie wuchs quasi vor unseren Augen zu einer fleißigen Helferin heran.
Sie selbst sagte rückblickend: „Die Stiftung ist für mich ein Ort des Beisammenseins, der Freude und des Nachhausekommens. Ich bin in ihr und mit ihr gewachsen. Deshalb komme ich immer gern wieder – an einen Ort, wo wirklich etwas getan wird – Zeit gestiftet“. Lisa hat ihre Schulzeit mit dem Erhalt des Abiturzeugnisses beendet. Dazu haben wir sie beglückwünscht. Einige Dank – und Zeit-Stifter:innen durften sie – inspiriert vom norddeutschen Brauch - „ausschwingen“. Mit bunten Grüßen und den allerbesten Wünschen durften wir sie symbolisch sanft in den wiederum neuen Lebensabschnitt hineinwerfen. M. Diehl
Da berührten sich Himmel und Erde
Wenn wir einen Tag morgens beginnen, ahnen wir meistens nicht, was wir am Abend in unser Lebenstagebuch schreiben werden.
Am 2. Juni 2021 können wir im Tagebuch der ZeitOase Magdeburg folgendes lesen: Auf sonnigem Weg zogen nach fast sieben monatiger Pause wieder Dank-und Zeit-Stifter:innen über die Harsdorfer Straße zur Orangerie. Wie sehr haben wir alle uns das Beisammensein in dieser Gruppe erhofft und gewünscht. Maria Hein hatte extra ihre Mundharmonika mitgenommen, um mit ein paar Melodien ihre Freude zum Ausdruck zu bringen.
Am 5. Juni 2021 ist vermerkt: Ein Geburtstagsständchen zur Gitarre erhielt Ernesta Kühne von ihrer Patin Petra Metzner. Beschenkt wurden darüber hinaus aber auch alle Nachbarinnen und Nachbarn von Frau Kühne und das diensthabende Pflegepersonal. Im Innenhof des Bischof-Weskamm-Hauses 1 gab es zur Feier des Tages ein kleines Konzert, dargeboten von Petra Metzner am Akkordeon und Hartmut Hasselberg an der Violine.
Es fällt mir schwer, die Gefühle in diesen besonderen Momenten in Worte zu fassen. In den Gesichtern aller Frauen und Männer an beiden Nachmittagen konnte ich buchstäblich lesen und erahnen, wie Himmel und Erde sich in unserem Leben berühren. M. Diehl
Gesichter Geschichten
Geburtstage, Frühlingsbeginn, Vorbereitung auf Ostern, Abschied von Magdeburg und bei allen Aktivitäten immer noch strenge Auflagen des Lockdowns:
10. März: Runder Geburtstag in kleiner Runde. Zeit-Stifter Bernhard Beier ist heute 80 Jahre alt. Unser Ständchen kommt auf verschiedenen Wegen zu ihm. „Bitte bleib noch lange fröhlich und gesund!“ Auch wenn wir nicht zusammen sein können an diesem Tag, so schallt der Chorgesang von uns allen direkt in sein Herz: „Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst …“
15. März: Leonore Grahli wird Magdeburg in ein paar Tagen verlassen und in ein Haus der Don Bosco Schwestern nach Rottenbuch ziehen. Koordinatorin Margitta Diehl dankt ihr für die Liebe und für jede Stunde, die sie im Rahmen der Stiftungsarbeit 9 Jahre lang den Menschen geschenkt hat. „Zeit-Stifterin kann ich überall sein. Den Dienst werde ich dort nach meinen Kräften weiterhin tun“, versprach sie beim Abschied und empfing gerne unsere Ehren-Zeitstifterinnen-Urkunde.
24. März: Große Freude erlebt Maria Beuchel, als sie ihre kleine Geburtstagskaffeetafel in der ZeitOase erblickt. Nach einem Jahr endlich mal wieder hier sein! Die übliche Gästeschar darf nicht kommen, aber Glückwünsche und Gedanken finden trotzdem den Weg zu ihr.
26. März: Mechthild Scholz gestaltet wieder Ostergrüße für die Heimbewohner:innen. 30 Gestecke können verteilt werden. Welch ein schöner Blickfang für jedes Zimmer. „Danke für dieses liebevolle Geschenk“, sagt im Namen aller Dank-Stifter Burkhard Koch.
27. März: Im Osterbrief des Vorstandes der Diehl-Zesewitz-Stiftung ist eine Anleitung zum Basteln eines Schmetterlinges enthalten. Er symbolisiert das neue Leben nach der Zeit im Kokon. Bezogen auf die Pandemiezeit ermutigt er uns, nicht aufzugeben und positiv zu denken und auch am anderen Menschen die guten Seiten zu sehen, die vielleicht nicht auf den ersten Anschein zu entdecken sind.
Jamile Sayahi (aus dem Iran) vermisst wie die anderen Zeit-Stifter:innen das Zusammensein in der Gruppe, das Helfen bei den Stiftungstreffen. Sie sagt: „Ich habe ein gutes Wort gelernt in den letzten Monaten: Ich gebe nicht auf.“ Sie faltet Schmetterlinge für die alten Menschen, die es mit den eigenen Händen nicht mehr können. Dadurch ermuntert sie sich und die Menschen, mit denen sie sich verbunden fühlt. Wir können durch solche Zeichen und Gesten füreinander da sein und Nähe signalisieren.